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Soundcheck - Melle - Blog

01 Oktober 2011

„Macher“ sind erwünscht! - Matthias Korfhage sieht Kulturwerkstatt Buer als einzige wirklich ernsthafte „Kultur-Schmiede“, die Melle zu bieten hat

Die Kulturwerkstatt Buer startete vor wenigen Wochen in die Herbstsaison. Grund genug, Pressesprecher Matthias Korfhage zum aktuellen Stand der Dinge in dem Verein zu fragen.

Grönegau Rundschau: Wie lange bist du nach deiner Pause in der aktiven Vorstandsarbeit? Bist du zufrieden mit der Entwicklung des Vereins seit der Rückkehr?

Matthias Korfhage: Nun, der aktuelle Vorstand wurde vor einem Jahr gewählt, und seit einem Jahr bin ich auch wieder aktiv dabei. Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden damit, wie sich der Verein entwickelt hat. Gab es in früheren Zeiten regelmäßig interne Zankereien, die dann überflüssiger Weise auch noch öffentlich ausgetragen wurden, kann man heute von einer zwar relativ kleinen, aber hocheffektiven Vereinsmannschaft sprechen, in der nicht ständig Einzelne ihre Profilierungssucht ausleben müssen. Natürlich gibt es auch mal Unstimmigkeiten in der Sache, aber Probleme sind schließlich dazu da, dass man sie sachbezogen löst. Das klappt hervorragend. Sehr positiv ist auch, dass man sich auf die einzelnen Leute verlassen kann und Veranstaltungen inzwischen wie ein Uhrwerk ablaufen. Unzufrieden bin ich eigentlich nur mit meiner persönlichen Ungeduld: Manche Dinge brauchen deutlich länger, als ich das gern hätte – aber wir arbeiten schließlich alle nur ehrenamtlich, und neben dem Job und der Kulturwerkstatt gibt es auch noch das Privatleben. Warum eigentlich...?

Taten statt Worte

GR: Was sind die aktuellen Herausforderungen für das Vereinsleben und Fortbestehen der Kulturwerkstatt?

MK: Das Fortbestehen der Kulturwerkstatt ist mit der aktuellen Mannschaft gesichert, insgesamt ist ein schlagkräftiges Team entstanden, das auch bei „schlechtem Wetter“ zusammenhält. Gleichwohl ist die Personaldecke recht dünn, sodass wir schon an die Grenze des Machbaren stoßen, und natürlich wünschen wir uns mehr Mitstreiter, die dann eben nicht nur tolle Sonntagsreden halten, - die hatten wir ja schon reichlich - sondern auf der Basis gemeinsam getroffener Entscheidungen auch eigenverantwortlich zupacken und Projekte realisieren. Vereinsinterne Aktionen gibt es nach meinem Geschmack noch viel zu wenig, aber auch hier ist der Zeitfaktor eine ungewollte Bremse. Mehr Leute, mehr Zeit, diesen Knoten gilt es sicherlich noch durchzuschlagen.

GR: ... und wie sieht es wirtschaftlich aus?

MK: Wirtschaftlich steht der Verein inzwischen wohl geordnet da: Veranstaltungen wie der Kunsthandwerkermarkt, aber auch die Parties und einige sehr erfolgreiche Konzerte haben es möglich gemacht, Rücklagen zu bilden, sodass es wieder einen Info-Flyer in 10.000er Auflage gibt. Die Pressearbeit wurde deutlich ausgebaut, und unsere Internetseite www.kultur-in-buer.de spiegelt die Vielseitigkeit des Vereins wieder. Insgesamt sind wir hier auf einem guten Weg.

GR: Stoppok, Wilkie, Hamburg Blues Band - wie schwer ist es eigentlich neue Hochkaräter in das beschauliche Buer zu buchen?

MK: Das Buchen an sich ist ja nicht das Problem - wirtschaftlich muß es halt laufen, und „Hochkaräter“ gibt es nun einmal nicht zum Dumpingpreis. Hier zahlt es sich aus, dass sich die Kulturwerkstatt bei Agenturen und Musikern einen hervorragenden Ruf erarbeitet hat, so dass wir eigentlich unmögliches doch möglich machen können. Ein Konzert wie Hamburg Blues Band meets Arthur Brown & Chris Farlowe ist schon ein echter Hammer, oder? Chris Farlow spielt zur Zeit eigentlich gar nicht mit der HBB, aber wir haben darauf bestanden – und Chris war auch sofort bereit! Oder Chris Kramer! Den sollte man nicht verpassen, eine echte musikalische Perle! Oder Klaus Weiland – ist nach zehn Jahren mal wieder in Deutschland und „selbstverständlich“ auch bei uns. Brian Auger zählt neben John Lord und Keith Emerson zu den ganz Großen der frühen 70er und und und…

Für das nächste Jahr buchen wir z.B. Darryl Jones, den Bassman der Stones mit seiner Solo-Band, Albert Lee, The Boomtown-Rats und eine ganz ganz große Überraschung, über die ich aber noch nicht reden möchte.

Kein “Vollservicebetrieb”

GR: Wie klappt denn die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen oder externen Konzertveranstaltern?

MK: In Zusammenarbeit mit dem Blauen Waggon haben wir das Jugendtheaterstück Creeps realisieren können: die Jugendlichen haben hier unter professioneller Anleitung geprobt und ihr Stück aufgeführt. Mit der Theaterbande Phönix stehen wir im Kontakt, ein weiteres Stück „Zimmertheater“ zu realisieren, Lola Blau war ganz einfach hervorragend. Das Problem bei der „Theaterbande Phönix“ ist ganz einfach, dass die meisten Stücke mit sehr vielen Schauspielern realisiert werden, mit 10, 15 oder auch über 20 Schauspielern – dafür ist die Bühne ganz einfach zu klein. Olympro? Die proben doch bei uns, ist quasi unser Haustheater. Eine Kooperation mit anderen Konzertveranstaltern gestaltet sich sehr schwierig, aber auch hier sind wir grundsätzlich offen.

GR: Sind denn neue Kooperationen in Planung?

MK: Die Hyde Park - Memories Multimedia Revue am 14. Oktober ist ein gutes Beispiel für Kooperation und basiert auf einer Initiative von Harald Keller, der an diesem Abend u.a. sein neues Buch zum Thema vorstellen wird. Eine weitere Kooperation ist für die Classics-Party am 16. Dezember geplant. An diesem Abend präsentieren wir eine Woodstock - Memories Multimedia Revue. Hier werden Filme gezeigt, Anekdoten erzählt und natürlich authentische Party-Mucke gespielt. Pünktlich zum Fest der Liebe, Love and Peace!

Natürlich wird es weitere Kooperationen geben, insbesondere dann, wenn die Partner „Macher“ sind und nicht von einem „Vollservicebetrieb“ ausgehen.

GR: Wie wichtig ist überhaupt die Zusammenarbeit mit externen Gruppen, inhaltlich wie wirtschaftlich?

MK: Eine aktive Zusammenarbeit mit anderen Gruppen ist genau das, was auch wir wollen: neue Ideen, kreative Leute, neue Einflüsse. Natürlich muß das Thema interessant sein und eine nennenswerte Gruppe von Leuten ansprechen können. Es muß sich aber auch wirtschaftlich einigermaßen rechnen. Wir erhalten keine laufenden Subventionen, auch wenn immer wieder davon ausgegangen wird: Es ist schlicht gesagt totaler Unsinn und die laufenden Kosten wollen pünktlich bezahlt werden. Wir reden hier von ca. 5.000 Euro im Jahr, die erst einmal eingespielt werden wollen. So können wir halt nur in einem sehr engen Rahmen quersubventionieren, was leider immer wieder zu Missverständnissen führt.

Kritik an der Stadt

GR: Nichts los hier?! Ist der Grönegau derzeit musikalisches Brachland? Wie beurteilst du die Entwicklung zukünftig, besitzt diese Region Potential, Mut und Kapital?

MK: Natürlich ist die Pleite der Unternehmung „Honerkamp Ballsaal“ eine sehr bedauerliche Sache. Sie zeigt, das ein umfangreiches Unterhaltungsprogramm – und das gilt erst recht für ein Kulturprogramm – betriebswirtschaftlich nicht wirklich möglich ist: Das geht eben nur ehrenamtlich, ohne Gehälter, sonst gäbe es auch die Kulturwerkstatt nicht mehr. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Veranstaltungen der Martinikirche hinweisen. Es ist wohl so, dass Buer zur heimlichen Kulturmeile in Melle gewachsen ist.

Leider ist es ja auch so, dass die Stadt Melle hier keine besonders intelligente Politik betreibt: wie kann es denn sein, dass Veranstaltungen wie „Melle bei Nacht“ sterben müssen, weil die Verwaltung nicht bereit ist, mit Zuschüssen eine Grundfinanzierung zu leisten, was ist mit dem „Drachenfest“? Dabei wird ja durchaus Geld ausgegeben, aber lieber mit der Schaufel, nach dem Motto: was teuer ist, muß ja gut sein…

GR: Wie siehst du die Rolle der Kulturwerkstatt in diesem Zusammenhang?

MK: Die aktuelle Situation bürdet uns natürlich eine besondere Verantwortung auf: die Kulturwerkstatt ist ja wohl zur Zeit die einzige wirklich ernsthafte „Kultur-Schmiede“, die Melle zu bieten hat. Um so unverständlicher ist es, dass wir für die Weiterführung des traditionellen Kunsthandwerkermarktes eine Gebühr in Höhe von 700 Euro für eine Markt-Lizenz an die Stadt Melle zahlen sollen! So nach dem Motto: wenn ihr schon ehrenamtlich arbeitet, könnt ihr ja auch noch Gelder abdrücken. Boykott statt Förderung – ist das nachhaltige kommunale Kulturförderung? Ist doch peinlich, oder? Wir werden sicherlich noch einige Jahre durchhalten und unsere Vielseitigkeit ausbauen – wer soll es denn sonst tun?

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